I.) Antworten auf grundlegende arbeitsrechtliche Fragen im Zuge der Corona-Krise

 

  1. Quarantäne und die Frage des Entgeltanspruchs

Bei einer unvorhersehbaren Quarantäne insbesondere nach einer Urlaubsreise wird der Entgeltanspruch in der Regel aufrecht bleiben. Dies wird dann als unverschuldete Dienstverhinderung zu werten sein, deren Bestimmungen sich sowohl in Gesetz als auch Kollektivvertrag wiederfinden.

Aufgrund der erneut steigenden Zahlen der Neuinfektionen hat Österreich seine Reisewarnungen drastisch erhöht und für einige Länder ein „Hohes Sicherheitsrisiko“ ausgesprochen.

Eine vom Arbeitnehmer grob fahrlässig herbeigeführte Arbeitsunfähigkeit kann zum Verlust der Entgeltfortzahlung führen.

Im Falle einer behördlichen Anordnung zur Quarantäne, besteht – unbeschadet der gesetzlichen Entgeltfortzahlungsbestimmungen – schon nach dem Epidemiegesetz ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Arbeitgeber können auf Basis dieses Gesetzes innerhalb einer vorgegebenen Frist Kostenersatz beim Bund beantragen.

Bei einer nachweislichen Ansteckung des Virus und der daraus folgenden ärztlichen Krankschreibung, wird ein Krankenstand vorliegen. Auch hier gilt die Entgeltfortzahlung nach dem Ausfallsprinzip

 

  1. Sonderbetreuungszeit

Nach langem Tauziehen wurde im Nationalrat das neue Gesetz zur Sonderbetreuungszeit beschlossen: Die Regelung gilt rückwirkend seit 1. November 2020 bis 9. Juli 2021.

Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit (= keine Zustimmung des Dienstgebers erforderlich)
Dienstnehmer, die eine Pflicht zur notwendigen Betreuung von Kindern unter 14 Jahren, Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftigen trifft, haben einen Anspruch auf Sonderbetreuung, wenn

a) die dafür vorgesehenen Einrichtungen teilweise oder gänzlich geschlossen werden bzw. eine Betreuungspflicht aufgrund des Ausfalls von Betreuungskräften entsteht und keine alternative Betreuungsmöglichkeit besteht (der Dienstnehmer muss alles Zumutbare unternehmen, dass seine Arbeitsleistung nicht verhindert wird)
oder

b) das zu betreuende Kind (bis zum vollendeten 14. Lebensjahr) Corona-bedingt behördlich per Bescheid abgesondert (= unter Quarantäne gestellt) wird. Eine behördliche Schließung ist dafür nicht erforderlich!
In beiden Fällen benötigt es keine Zustimmung mehr des Dienstgebers.

Vereinbarung mit dem Dienstgeber ( = Zustimmung des Dienstgebers erforderlich)
Neu geschaffen wurde die Möglichkeit einer Sonderbetreuungszeit für jene Fälle, in denen Schulen geschlossen werden, aber eine Notbetreuung angeboten wird. Im Falle einer behördlichen Schließung derartiger Einrichtungen kann eine Sonderbetreuungszeit mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, sofern der Dienstnehmer nicht für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlich ist. Als maßgeblicher Zeitpunkt gilt die behördliche Schließung.
Hier ist also die Zustimmung des Dienstgebers erforderlich!

Die wesentliche Verbesserung der bisherigen Regelung:  Der Arbeitgeber erhält für die gesamte Zeit der Sonderbetreuung die gesamten Arbeitnehmerkosten vom Bund ersetzt! Sowohl für den Dienstgeber als auch den Dienstnehmer wurde damit eine Win-Win-Situation geschaffen.
Die Sonderbetreuungszeit kann bis zu 4 Wochen in Anspruch genommen werden. Eine Konsumation vereinzelter Tage bzw. Halbtage wird ermöglicht. 

 

  1. Homeoffice

Eine vom Arbeitgeber veranlasste Anordnung zum Homeoffice bedarf grundsätzlich einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer, sofern dahingehend keine Möglichkeit im Arbeitsvertrag vorgesehen ist. Dafür notwendige Mittel müssen dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.

 

  1. Reiseverbot des Dienstgebers

Bereits getroffene Urlaubsvereinbarungen können einseitig nicht zurückgezogen werden. Der Dienstnehmer ist weiters nicht verpflichtet sein privates Reiseziel bekannt zu geben. Wie eingangs erwähnt, wird man aus gegebenem Anlass von einer geplanten Reise in ein Risikogebiet besser Abstand nehmen.

Eine angeordnete Dienstreise wird der Dienstgeber jederzeit zurücknehmen können.

Aktuelle Reisewarnungen und hilfreiche Informationen finden Sie auf der Website des Außenministeriums.

 

II.) Übersicht über gesetzliche Neuerungen im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts

 

  1. Dienstfreistellung die Covid-19-Risikogruppe

Am 7. Mai wurde die lange erwartete Covid-19-Risikogruppe-Verordnung verlautbart. Diese legt die medizinischen Indikationen für die Zuordnung zur Risikogruppe fest. Hier der Überblick, welche Erkrankungen darunter fallen (Details im Volltext der Verordnung: – hier)

    – fortgeschrittene Lungenkrankheiten, welche eine dauerhafte, tägliche Medikation benötigen

    – chronische Herzerkrankungen

    – aktive Krebserkrankungen mit einer jeweils innerhalb der letzten sechs Monate erfolgten onkologischen Pharmakotherapie und/oder einer erfolgten Strahlentherapie sowie metastasierende Krebserkrankungen auch ohne laufende Therapie

    – Erkrankungen, die mit einer dauerhaften und relevanten Immunsuppression behandelt werden    müssen

    – fortgeschrittene chronische Nierenkrankungen

    – chronische Lebererkrankungen

    – ausgeprägte Adipositas

    – schwere Fälle von Diabetes mellitus

    – Bluthochdruck mit Endorganschäden oder nicht kontrollierbarer Blutdruckeinstellung

Die Aufzählung ist aber nicht abschließend. Die Verordnung sieht vor, dass abgesehen von diesen medizinischen Indikationen die Ausstellung eines Covid-19-Risiko-Attests (nur) dann zulässig ist, wenn sonstige schwere Erkrankungen mit funktionellen oder körperlichen Einschränkungen vorliegen, die einen ebenso schweren Krankheitsverlauf von Covid-19 wie bei den aufgelisteten Krankheitsbildern annehmen lassen. Dies ist von dem/der das Covid-19-Risiko-Attest ausstellenden Arzt/Ärztin in seinen/ihren Aufzeichnungen entsprechend zu begründen und zu dokumentieren. Die betroffenen Personen werden vom Sozialversicherungsträger per Brief über die grundsätzliche Zugehörigkeit zur Risikogruppe informiert. Die konkrete Zuordnung erfolgt aber durch das ärztliche Covid-19-Risiko-Attest. Dieses kann auch Personen ausgestellt werden, die kein Informationsschreiben erhalten haben. Maßgeblich sind alleine die oben dargestellten medizinischen Indikationen samt der Möglichkeit, dass der Arzt ein Covid-19-Attest auch bei sonstigen schweren Erkrankungen „entsprechend begründen und dokumentieren“ kann.

Nach Ausstellung dieses Attests hat der Betroffene Anspruch auf Dienstfreistellung unter Entgeltfortzahlung, es sei denn

    – der Arbeitnehmer kann seine Arbeitsleistung zu Hause erbringen

    – der Arbeitgeber setzt Maßnahmen, die eine Ansteckung mit dem Corona-Virus mit größtmöglicher Sicherheit ausschließen; dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg mit einzubeziehen.

Erfolgt unter all diesen Voraussetzungen eine Freistellung der gefährdeten Person, erhält der Arbeitgeber vollen Ersatz der Personalkosten durch den Bund bzw. bei Anwendung der NÖ Landarbeitsordnung durch das Land. Als zuständige Stelle wird die Abteilung Soziales und Generationenförderung der niederösterreichischen Landesregierung genannt.

    ACHTUNG: Covid-19-Risiko-Atteste können erstmals mit Wirksamkeit ab 6. Mai 2020 ausgestellt werden.

    NEU: Die Dauer der Freistellung wurde vorerst bis 31.12.2020 verlängert.

  1. Anordnung des Verbrauches von Urlaub und Zeitguthaben

Im Arbeitsrecht gibt es eine eiserne Regel: Den Zeitraum für den Verbrauch des Erholungsurlaubs kann der Arbeitgeber niemals einseitig festlegen. (Auch Betriebsurlaube bedürfen letztlich einer Vereinbarung.) Ähnliches gilt für den Zeitausgleich. Diese Grundsätze werden in der Corona-Krise aufgeweicht. Die neuen Regeln sollen dazu beitragen, Arbeitsplätze erhalten zu können. Einerseits können Betriebsvereinbarungen über eine Corona-Kurzarbeit Regelungen zum Verbrauch des Urlaubs aus vergangenen Urlaubsjahren und von Zeitguthaben treffen. Diese Regelungen gelten dann unmittelbar und ist keine Vereinbarung mit dem einzelnen Arbeitnehmer mehr erforderlich. Darüber hinaus wurde in das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) eine (zeitlich befristete) Sonderregelung aufgenommen. Wenn Maßnahmen auf Grundlage des Covid-19-Maßnahmengesetzes durch Verbote oder Einschränkungen des Betretens von Betrieben zum Entfall der Arbeitsleistung führen, behält der Arbeitnehmer ausdrücklich seinen Entgeltanspruch. In solchen Fällen ist der Arbeitnehmer aber dann verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers in dieser Zeit Urlaubs- und Zeitguthaben zu verbrauchen. Dieser einseitig vom Arbeitgeber angeordnete Urlaub/Zeitausgleich ist mit insgesamt acht Wochen begrenzt. Aus dem laufenden Urlaubsjahr müssen maximal zwei Wochen verbraucht werden.

  1. Arbeitsunfälle im Homeoffice

Die „Arbeit zu Hause“ ist während der Corona-Krise für viele Arbeitnehmer neue Lebenswirklichkeit geworden. Homeoffice ist in vielen Bereichen gewünscht, notwendig und de facto angeordnet.

Bisher wurden bei Homeoffice Arbeitsunfälle nur dann anerkannt, wenn der Unfall in einem wesentlich betrieblich genutzten Teil des Hauses (etwa in einem eigenen Arbeitszimmer) stattgefunden hat.

Diese strenge Auslegung würde aber dem zeitlich befristeten „Corona-Homeoffice“ für hunderttausende Arbeitnehmer nicht gerecht. Ein eigenes Arbeitszimmer ist in den meisten Fällen nicht eingerichtet und würde der gesetzliche Unfallversicherungsschutz dadurch ausgehöhlt. Deswegen gelten für die Dauer der derzeitigen Maßnahmen auch solche Unfälle als Arbeitsunfälle, die sich im zeitlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung am Aufenthaltsort der versicherten Person (Homeoffice) ereignen.

  1. Tätigkeitsdauer des Betriebsrates

Die Tätigkeitsdauer von Organen der betrieblichen Interessenvertretung, die im Zeitraum vom 16. März bis 31. Dezember 2020 endet, verlängert sich bis zur Konstituierung eines entsprechenden Organs, das nach dem 31. Dezember 2020 unter Einhaltung der dafür vorgesehenen Fristen gewählt wird.

  1. Änderungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz

Notstandshilfe

Die für den Zeitraum 16. März bis 31. Dezember 2020 gebührende Notstandshilfe wird auf die Höhe des Arbeitslosengeldes angehoben, die Bemessungsgrundlage für dessen Berechnung bleibt dieselbe.

Behördliche Absonderung schadet nicht

Führt eine behördliche Absonderung zum Zweck der Überwachung nach dem Epidemiegesetz zu einer Verhinderung der Arbeitsbereitschaft, schadet dieser Umstand nicht der Verfügbarkeit eines Arbeitssuchenden als Anspruchsvoraussetzung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz. Bei Absonderung in ein Spital kommt es zu keinem Ruhen der Leistung.

  1. Kompensation für Nachteile bei der Gewährung von Familienbeihilfe

Aufgrund der Corona-Krise sind zwangsläufig Verzögerungen im Hinblick auf die Fortsetzung bzw. den Abschluss einer beruflichen Ausbildung (z.B. ein Studium) zu erwarten.

Bekanntermaßen endet mit Vollendung des 24. Lebensjahres der Bezug auf Familienbeihilfe, wobei einige Ausnahmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vorgesehen sind (z.B. nach Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes).

 Bis jetzt war es Personen bis zum Erreichen der Altersgrenzen aufgrund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses möglich, die Studiendauer, für die Familienbeihilfe bezogen wurde, zu verlängern. Da der Corona-Virus ein derartiges Ereignis darstellt, kommt es für die Dauer der Unterbrechung zu einer Verlängerung der Ausbildungszeit und somit des Anspruchs auf Familienbeihilfe.

Kann die jeweilige Ausbildung des volljährigen Kindes, welche über die Vollendung des 24. bzw. 25. Lebensjahres hinausgeht, aufgrund von Corona weder begonnen noch fortgesetzt werden, soll der Anspruch auf Familienbeihilfe über die obigen Altersgrenzen hinaus verlängert werden.

 Konkret bedeutet das im Falle einer allgemeinen Berufsausbildung eine Verlängerung des Anspruchs um längstens 6 Monate, im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. Studienjahr.

 

III.) Aktuelle steuerrechtliche Neuerungen

    1. Bonuszahlungen und Zulagen steuer- und sozialversicherungsfrei bis zu EUR 3.000 pro Person

Der Gesetzgeber hat sich dazu entschlossen, den Arbeitnehmern in Zeiten der Corona-Krise steuerlich unter die Arme zu greifen, indem es Befreiungen für Zulagen und Bonuszahlungen (sogenannte „Corona-Prämien“) in Zusammenhang mit Leistungen, die während der Krise erbracht werden, ermöglicht. Die Obergrenze beträgt hiebei EUR 3.000,-.

Aber Achtung: Eine dem Arbeitnehmer jährlich zustehende Prämie bzw. Leistungen, die vor und vor allem nicht aufgrund der Krise erbracht wurden, sind davon ausgenommen. Auch für Überstunden bzw. Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen (SEG-Zulagen) während Home-Office, Kurzarbeit oder Quarantäne sollen die steuerlichen Befreiungen weiterhin berücksichtigt werden. Zuschläge und Zulagen, die vor der Krise ohnehin steuerfrei gemäß dem Einkommensteuergesetz abgerechnet wurden, sollen auch während der oben genannten beruflichen Einschränkungsmaßnahmen weiterhin Geltung finden.

 

    2. Pendlerpauschale bleibt aufrecht

Um den Arbeitnehmer finanziell zu entlasten, wird der Anspruch auf das Pendlerpauschale insbesondere auch bei Homeoffice, Teleworking oder Dienstverhinderung aufgrund von Corona erhalten bleiben und das in vollem Umfang.

Bleibt einem der gewohnte Gang zur Arbeitsstätte verwehrt bzw. kann diese nicht täglich aufgesucht werden aufgrund der derzeitigen Corona-Krise, soll das Pendlerpauschale ebenfalls Anwendung finden.

In der Vergangenheit blieb in dienstfreien Zeiten sowohl an Feiertagen oder im Krankenstand als auch im Urlaub das Pendlerpauschale aufrecht und es kam zu keinerlei Nachteile für den betroffenen Arbeitnehmer. Die Regierung stellt klar, dass sich auch in Zeiten von Corona daran nichts ändern soll.